Ist Schnelllesen Betrug? Beitrag zur Kritik an der Weiterbildungsbranche.

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Jenseits des Bildungswettbewerbs heißt es noch Bücher zu lesen

Einleitung 

In diesem Artikel geht es mir um die Frage nach dem wirklichen Schnelllesen. Ich glaube, dass es dieses Schnelllesen gibt, allerdings nicht in dem Umfang wie es uns die private Bildungsindustrie verspricht. Um diese These zu untermauern werde ich mich zunächst mit den historischen Hintergründen des privaten Bildungsmarktes auseinandersetzen. Die private Bildungsindustrie wird vor allem durch Profitinteressen von einzelnen Motivationscoaches korrumpiert. Diese fluten den Markt mit pseudowissenschaftlichen Ideen, die keine Grundlage haben. Womöglich glauben die selbsternannten Gurus diese Theorien selbst, sie verführen damit nicht ihre Kunden, sondern auch sich selbst. Nach der Darstellung der dubiosen Motivations- und Bildungsbranche werde ich mich mit dem wirklich Genialischen auseinandersetzen. Es gibt tatsächlich Schnellleser. Die Frage ist allerdings, ob jeder diese Fähigkeit des Schnelllesens erlernen kann. Ich werde hier zunächst verschiedene Ansätze zum Schnellleseerwerb vorstellen und ihre Ansätze als falsch herausstellen. Selbst Tim Ferriss folgt einem dieser Ansätze. Die Widerlegung dieser Ansätze bedeutet jedoch nicht, dass Schnelllesen prinzipiell nicht erlernt werden kann. Aus diesem Grund werde ich die relativ dünne Forschungslage besprechen. Es gibt hier einige verlässliche Untersuchungen, wobei diese im Resultat nicht unbedingt so spektakulär sind wie uns absurde Techniken oftmals vorgaukeln. Abschließend werde ich herausstellen, dass Schnelllesen in unserer Gesellschaft womöglich keine Bedeutung mehr hat. Eher kommt es darauf an, wie wir uns mit Büchern überhaupt auseinandersetzen. Ich werde daher auch ein paar interessante Links zum Lesen und dessen Bedeutung am Ende einfügen.

Was sind dubiose Lerntheorien am Bildungsmarkt?

Mit den Anfängen der privaten Bildungsmaschinerie in den 90ern glaubte man, dass Informationen vor allem schnell aufgenommen werden müssen. Einzelne Savants wie Kim Peak, die tatsächlich derart schnell Informationen lesen und verarbeiten konnten, begründeten die Hoffnung, dass wir geniale Fähigkeiten in uns entdecken können. Hiermit begann auch der Trend zur Schnelllese-Abzocke. Zuvor hatten bereits selbsternannte Bildungs- und Mentalstrategen neuro-linguistisches Programmieren, Hypnotherapie, Suggestopädie oder aus der amerikanischen Neugeist-Bewegung entsprungenes positives Denken propagiert. Die neuen Strategien, die sich aus dem Erfolg der empirischen Wissenschaften begründen sollten, wollte man nun auch in der privaten Weiterbildungsbranche einsetzten. Murphy als Großvater dieser Bewegung setzte auf „wissenschaftliche Gebete“, womit man das gesamte Leben in eine positive Richtung lenken sollte. Man ersetzte Religion mit Persönlichkeitsentwicklung.

Die selbsternannten Motivationstrainer produzierten mehr Traum als Schaum, mehr Blasen als Substanz. In Deutschland war es Jürgen Höller, der Tagesgagen von 18.000 Euro verdiente. Nach eigener Aussage war er der teuerste Motivationscoach Deutschands und ging schließlich mit selben Größenwahn in die Pleite. Doch trotz mehr Gläubigern als Gläubigen, kam Höller wieder zurück. Eigentlich hatte die „Branche, die die Welt nicht braucht […] ausgedient„, doch falsche Theorien sind wie Herpes und schlummern nur bis sie wieder ausbrechen.  Dabei bediente sich die Branche der gleichen Kraft, die auch Trump zur Präsidentschaft verhalf. Tschakka-Markt-Schreier, Feuer- und Scherbenläufer und Geistheiler werfen Rauch- und Rauschbomben bieten damit „geistige Schokoriegel“, die einen kurzweiligen Zuckerkick verursachen. Im Zuckerrausch sind wir glücklich und werden fett auf der Couch. Irgendwie wirken Motivationsvideos für den Moment.

Empfehlenswert ist zu der Frage nach den pseudowissenschaftlichen Theorien Kannings „Trilogie über die menschliche Einfalt“. Uwe Kanning ist Wirtschaftspsychologieprofessor in Münster und hat sich vor allem die fragwürdige Motivationsbranche vorgenommen.

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Die pseudowissenschaftliche Selbstlernszene hat sich gewandelt. Mehr und mehr Coaches bieten ihre Programme im Internet an. Beim Lesen verhält es sich ähnlich. Im Zuge des Selbstentwicklungskults enstanden Programme, die dynamisches Lesen propagierten. Man nannte sie Speed-Reading, Alpha-Wellen-Lesen und Photo-Reading. Mit überteuerten Seminaren wurden die Anbieter zu Millionären. In dem ganzen Schaum von übermenschlicher Motivation aber gab es auch wirkliche Künstler und Begebungen. Kim Peak war tatsächlich eine faszinierende Person. So las er Bücher in sekundenschnelle, wobei jeweils ein Auge eine Seite scannte.  Innerhalb einer Stunde konnte er so Bücher aufnehmen und las sich damit durch ganze Bibiliotheken.  Seine Behaltensrate lag bei 98 Prozent und so konnte er auch jede Stelle in Shakespeare zitieren. Da er sich aber bei Aufführungen nicht zurückhalten konnte, die Schauspieler selbst bei kleinsten Fehlern zu korrigieren, war es ihm nicht möglich die Drama im Theater zu konsumieren. Kim Peak aber bewies vor allem eins, nämlich dass Schnelllesen möglich ist.

Auf Kim Peak basierte der Film „Rainman“, ein zu empfehlender Film, der ähnlich wie andere Genie-Filme („Shine – Der Weg ans Licht“, „Hannibal“, „Good Will Hunting“ oder „A beautiful Mind“, um nur einige zu nennen):

Ähnliche Savant-Phänomene bildeten die Grundlage, das Schnelllesen ‚photographisches Lesen‘ zu nennen. Zu der Genie-Euphorie kamen Phänomene hinzu, dass Menschen Schläge auf den Kopf erhielten und plötzlich Fähigkeiten entwickelten, die übermenschlich schienen. So kann sich Orlando Sorrell an alles erinnern, was er seit dem Tag getan hat, an dem er mit einem Baseball am Kopf getroffen worden war:

Es ist nicht verwunderlich, dass im Selbsthilfemarkt Autoren wie Birkenbiehl, Buzan und später auch Hüther Karierre machten. Ihre Ansätze basierten immer auch auf der Verschwörungstheorie, dass das normale, schulische Lernen uns prinzipiell unterfordern und krank machen würde. Im Gehirn bräuchte nur ein Schalter gedrückt werden und schon würden wir vor allem spielend lernen. Da Bildungskritik selten selbstkritisch war, konnte sich so auch viel Unfug in der Einbildungsbranche ausbreiten.

Gibt es Schnelllesen?

Bei alle dem stellt sich nun die Frage, ob es Schnelllesen wirklich gibt. Eines ist klar: Es gibt Menschen, die schneller lesen, und Menschen, die langsamer lesen. Eine Geschwindigkeit von 400 Wörtern pro Minute gilt als schnell, kann aber von noch geübteren Lesern auf 800 Wörter pro Minute gesteigert werden. Dabei gilt es immer, die Verstehensleistung beizubehalten. Das Problem dabei ist, dass Lesestoffe unterschiedliche Grade an Redundanz besitzen. Niemand liest einen hochkomplexen, unbekannten Stoff mit einer Geschwindigkeit von 800 Wörtern pro Minute. Die maximal mögliche Lesegeschwindigkeit ist daher an das Verstehen gekoppelt. Bei einfachen Romanen ist es daher möglich solch hohe Lesegeschwindigkeiten anzuvisieren.

Derweil gibt es auch dokumentierte Lesegeschwindigkeiten von 4000 Wörtern pro Minute, wobei das Textverständnis der Schnellleser fragwürdig ist. Während ein Textverständnis von 50 Prozent bei den meisten Bildungstheoretikern nicht ausreicht umd von Lesen zu sprechen, feiert Buzan, ein Schnellleseverfechter, dieses Resultat. 50 Prozent bei weitaus wesentlich weniger Zeitaufwand sei ein Resultat.

Bei den Programmen, die für derlei Lesen vermarktet werden, beginnt jedoch die Scharlatanerie. Die Lesegeschwingikeiten wurden mit jeder neuen Methode in immer höhere Dimensionen gesteigert. Eine Phillipina behauptet sogar mit 80.000 Worten pro Minute zu lesen. Zum Vergleich: „Harry Potter“ würde man so in 15 lesen.

Gerade beim Photoreading fallen die Schnelleleser auf sich selbst herein. Wie bei anderen Selbstbetrugsformen zum Beispiel in der alternativen Medizin oder Verschwörungstheorie betrügen die Vertreter nicht wissentlich. Sie selbst glauben an ihre Methoden. So unterzog sich die Photoreaderin einem Test, wobei sie zuvor ihr Textverständnis auf 4.5/5 bewertete. Die Resultate waren allerdings sehr schlecht, was für den Kruger-Dunning-Effekt spricht. Hier die Details:

The final task given to the PhotoReading expert was to read the three chapters from the textbook on Physiology in order to take an exam from a course that used that textbook. The question was simply: Would she pass the exam? The expert took 73 minutes to PhotoRead and read the three chapters of the textbook required for the test (i.e., 361 words per minute). She PhotoRead for 9 minutes the night before taking the test. The following morning, she read the text using various rapid reading and activation techniques. She then answered the questions. She completed the 6 true/false and 30 multiple choice questions, but did not attempt to answer the fill-in-the-blank or short-answer questions. Hence, comprehension performance on the conceptual questions was 0 percent. She answered 2 of 7 multiple-choice prior knowledge questions correctly (29%). Of the text relevant questions, she answered 4 of 6 true/false questions correctly (67%), and 8 of 23 multiple-choice question correctly (35%). This performance is extremely low and only slightly above chance level performance for these types of questions (i.e., 50% and 25%, respectively). In sum, she did not pass the exam. It is important to note that after PhotoReading the text (but before taking the test), she rated her understanding of the material as 4.5 on a 5-point scale (5 representing a good understanding). Moreover, she estimated that she would remember approximately 68 percent of the material for the test, with a grade of C+. This high level of confidence in terms of her text comprehension would have remained unshattered had she not then taken the test – after which she rated her comprehension much lower (i.e., 2) https://en.wikipedia.org/wiki/Speed_reading#Effect_on_comprehension

Was kann beim Schnelllesen nicht funktionieren?

Zunächst ist unser Auge physikalisch begrenzt. Eine Fixierung kann einen Bereich so groß wie etwa ein 2 Euro Stück fixieren und benötigt dabei eine Viertel Sekunde. Großzügig ausgelegt kommen wir dabei auf 20 Fixierungen pro Seite, was dann 5 Sekunden entspricht. Schätzen wir 300 Wörter pro Seite sind das immerhin 60 Wörter pro Sekunde, was 3600 Wörtern pro Minute entspricht. Dies muss also eine biologische Grenze sein. Photoreading können wir also derart ausschließen, es sei denn wir verändern die physikalischen Grundlagen.

Es gibt derweil noch eine Ergänzungstheorie, wonach die Seite mit einem schwingenden Muster gelesen wird und das Gehirn ähnlich wie bei einem Bild redundante Informationen selbst ausfüllt. In jedem Fall geht es darum, die Aufnahmefähigkeit an die Sehgeschwindigkeit anzupassen.

Bei klassischen Schnelllese-Modellen fixiert man sich auf zwei Komponenten, um dem biologisch-möglichen Tempo näher zu kommen. Zum Ersten ginge es darum Regressionen zu vermeiden, also Rücksprünge im Text. Zum Zweiten wäre es nötig, die Subvokalisation im Kehlkopf, das unmerkliche Mitschwingen des Kehlkopfs während des inneren Sprechens im Kopf, zu reduzieren. Tim Ferriss beruft sich noch auf einen dritten Ansatz, nämlich die Blickspanne des Auges zu erweitern, was prinzipiell aufgrund der Physiognomie des Auges unmöglich ist. Auch Regressionen und Subvokalisation schrittweise zu reduzieren ist falsch.

Regression ist eher ein Zeichen, dass nicht richtig und konzentriert gelesen wird. Durch etwa rhythmisches Schwingen eines Metronomens und der beständigen Neufixierung wird dieses Problem nicht gelöst, sondern verschlimmert. Man liest immer mehr entgegen der Tatsache, dass man nicht versteht. Die Lesegeschwindigkeit orientiert sich zunächst an der Verstehensgeschwindigkeit, ist diese nicht gegeben, verbessert sich da auch nichts. Wir können zwar rhythmisch lesen, jetzt zwingen wir uns jedoch trotz mangelndem Verständnisses, weiter zu rücken.

Bei der Unterdrückung der Subvokalisation führt dies im Weiteren zur Beeinträchtigung der sogenannten Tonschleife. Die Tonschleife wird bei Kindern im Grundschulalter ausgeprägt. Normalerweise würden die Augen nämlich nach verschiedenen Aufmerksamkeitsinteressen über den Horizont springen, aber niemals geordnet einen Satz in einem Buch verfolgen. Um dieses zu trainieren, lesen Kinder zunächst laut und mit dem Finger. Sobald sich eine Tonschleife im Kopf gebildet hat, werden die Augen über das innere Lesen gesteuert. Der Einsatz des Fingers ist nicht mehr nötig. Unterdrückt man die Subvokalisation kann es zu einer Entkopplung von Tonschleife und Augenbewegung kommen. Die Folge sind Lesestörungen.

Gibt es andere erfolgsversprechene Ansätze?

Die Michelmanns behaupten dennoch, dass es echtes Schnelllesen gibt und dass es erlernbar sei. Hierbei gehe es darum, die Lesestörung durch ein gezieltes Training zu umgehen. Im ersten Schritt gehe es darum, mit sehr hohen Lesegeschwindigkeiten einzusteigen, um die Tonschleife nicht zu beschädigen. Man beginnt sofort mit dem optischen Lesen. Dann wird bei hohen Geschwindigkeiten mit dem Finger eine Schleife über den Text ausgeführt. Der Fokus liegt danach darauf episodisches, bildliches Verstehen zu erreichen. Anhand von einfacher Literatur versucht man, einen Erlebnisstrom zu generieren. Um diesen nachträglich bewusst zu machen, werden Textbilder erstellt. Textbilder sind eine sehr lohnende Methode, die auch in ihrem Buch „Effizient Lesen“ nachvollzogen werden kann.

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Stellen sich dann die ersten Erfolgserlebnisse ein, wird die Geschwindigkeit von 12.000 Wörtern pro Minute auf 4.000 Wörter reduziert. Hierbei festigt sich dann der Erlebnisstrom.

Durch die Methode des Schwingfingers werden die Augen geführt. Nach dem Training beherrscht man zwei Lesemethoden: das tonale Lesen und das optische Lesen mit Hilfe des Schwingfingers. Ob diese Methode funktioniert ist unklar, da es keine genauen Studien gibt. Die Michelmanns zitieren mehre erfolgreiche Schüler. Die Methode selbst ist plausibel.

Wie ist die Forschungslage?

Die tatsächliche Forschung zu diesem Thema ist sehr dünn. Endlich hat sich Prof. Dr. Ralph Radach dieser Sache angenommen. Vor allem konzentriert er sich zuerst auf die sogenannte Trade-Off-Hypothese. Diese besagt, dass mit zunehmender Geschwindigkeit, das Textverständnis abnehme. Dies konnte in einem ersten Experiment widerlegt werden. Tatsächlich fand Radach einen Schnellleser, der seine Verstehensleistung trotz hoher Lesegeschwindigkeit nur unwesentlich reduzierte:

„Es zeigte sich, dass die Lesegeschwindigkeit von 411 Wörtern pro Minute beim schnellen Normallesen auf 572 Wörter pro Minute beim optischen Zeilenlesen und 939 Wörter pro Minute bei Flächenlesen anstieg (Abb. 2). Dabei lag die Verständnisleistung in den beiden ersten Bedingungen klar über den Vergleichsdaten der Kontrollgruppe, in der dritten knapp darunter. Besonders interessant sind die Ergebnisse einer Begleituntersuchung, in der Sequenzen von jeweils drei Buchstaben für sehr kurze Zeit (50 Millisekunden) in verschiedenen Distanzen vom Fixationspunkt präsentiert werden. Hier zeigte der Proband eine ausgezeichnete Leistung, vor allem beim schnellen Erkennen von Strings, die tatsächlich in Wörtern der deutschen Sprache vorkommen. Insgesamt ergibt sich das Bild einer Person mit überragender Expertise durch jahrelange Optimierung, unter anderem  auf der Grundlage extrem effizienter visueller und orthographischer Verarbeitung sowie allgemein sehr hohem mentalen Tempo.“

Radach hat also eine Person gefunden, die mit ungefähr 1000 Wörtern pro Minute liest. Für ein normales Suhrkamp-Buch mit 300 Seiten und 300 Wörtern pro Seite würde er also ungefähr 90 Minuten benötigen, während eine normale Person mit 250 WpS ungefähr 6 Stunden benötigen würde. Die Frage ist nun, ob ein derartiges Lesen trainierbar ist. Mit seinem Trainingsansatz begeht Radachgerade jenen Fehler, den die Michelmanns kritisieren. Er steigert die Lesegeschwindigkeit durch die Unterdrückung von Regressionen und einer Unterdrückung der Subvokalisation. Genau jenes, was langfristig zur Schädigung der Leseschleife führen kann.

Als Ergebnis des Trainings kam es zu drastischen Veränderungen der gemessenen Blickbewegungen, wobei in der Trainingsgruppe eine starke Abnahme der Regressionen die Wirkung des akustischen Feedbacks sehr überzeugend dokumentierte. Das Lesetempo am Ende des Trainings betrug in etwa das Anderthalbfache bis Doppelte der Ausgangswerte. Dabei wurde über die Trainingssitzungen bis zur abschließenden Testung im Durchschnitt das gleiche Niveau im Leseverständnis beibehalten. Entgegen unserer Erwartung trat hierbei kein Gruppenunterschied auf, es gab also keinen Vorteil spezifischer Speed-reading-Techniken gegenüber einem allmählichen, relativ kleinschrittigen Training des konzentrierten Lesens bei gleichbleibendem Verständnis.

Zwar werden Lesegeschwindigkeiten gesteigert, die Frage aber bleibt, ob dies zur Schädigung des Lesens selbst führt. Vielleicht ist es ähnlich wie beim falschen Muskeltraining, wo sich zwar Muskeln aufbauen, aber gleichzeitig die Gelenke geschädigt werden. Die Michelmanns behaupten ja, von der Tonschleife zum Bildverstehen zu springen und dabei beide Leseformen durch das gezielte Einsetzen des Fingers zu erhalten.

Ist Schnelllesen überhaupt nötig?

Der Boom der 90er und der frühen 00er ist verpufft. Die damalige Hoffnung auf die genialischen Lesebestien ist womöglich unbegründet. Effektivität wird in normalen Berufen nicht durch hohe Lesegeschwindigkeiten gesteigert. Es kommt immer noch auf die präzise Auswahl der richtigen Texte an. Recherchemethoden sind hier bedeutender. Danach muss ein intensives Studium der Informationen erfolgen und dann kommt noch Disziplin hinzu.

Wesentlich ist, dass wir bei Verschwörungswissen oder ‚gepflegtes Halbwissen‘ zur Ausbildung von falschen Theorien führt. Hiervon sind auch große Magazine nicht befreit. Selbst die Zeit hängte sich einst unkritisch an den Boom. Hier zwei Beispiele:

Besser als die Zeit gehen andere Journalisten vor und schwören von den Schnelllesern ab:

Zwar entlarven sie hier die Versprechen der Selbstverbesserungs-Industrie, Einzelphänomene wie Kim Peak nehmen sie jedoch nicht in den Blick. Das ist schade.

Weitere Empfehlungen: Buchclub – Lesen (Dorian Gray)

Wirkliches Lesen ist wesentlich interessanter. Wie ich in einem anderen Artikel verwiesen habe, kann Lesen womöglich intelligenter machen und verbessert dramatisch unsere linguistischen Fähigkeiten:

Macht Lesen intelligenter? Vom Wert des Lesens für die Intelligenz und für unser Leben sowie eine Kritik von Kehlmanns Roman „Ruhm“

Aus gleichem Grund ist auch der Buchclub mit Simon und Niels interessant. Simon ist ein Spinner mit seriösen Interessen (gleiches gilt auch für Niels). Die Sendung liefert mir immer genau das, was ich brauche: Unterhaltung mit Haltung wie Brecht sagen würde. Schaut rein, es lohnt sich.

Was mir an Rocket Beans gefällt ist, dass es eben sehr persönlich ist. Auch die neueste Folge zu den sogenannten Pen-und-Paper-Abenteuern ist intellektuelle Humorschule:

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So soll ich wohl aussehen, wenn ich alt bin. Kompetenz-Level +100

Dr. Norman Schultz

Mainz, Juli 2019

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