In diesem doch sehr theoretischen Artikel geht es darum eine Alternative zu Zensuren anzudenken, die doch aber auch ein konsequentes Monitoring in den Mittelpunkt stellt. Monitoring garantiert Lernfortschritte, darf aber nicht von externen Kriterien wie Marktbedingungen korrumpiert werden. Dieses trifft auf Zensuren zu, die nur sozialdarwinistische Standards bedienen. Am Ende überlebt nicht der, der am meisten gelernt hat, sondern der, der sich dem Lehrer am besten angepasst hat. Dieses hat mit Lernen wenig zu tun, daher muss ein Monitoring sich intern an den Fähigkeiten im Sozialen ausrichten. Dieses Soziale hat als Ideal eben auch den Leistungswillen, und garantiert womöglich besser ausgebildete und glücklichere Studenten. (Titelbildnachweis: By Unknown (青森市・鎌田ハル氏所蔵/青森市史編さん室提供) [Public domain], via Wikimedia Commons)

Eine Gesellschaft der Bewertung, der Schüler im Mittelpunkt der Abwertung (See page for author Public domain, via Wikimedia Commons)
Zensuren, so heißt es in autoritären Lehrerkreisen, geben den Lernenden Orientierung und ein konstantes Monitoring. Tatsächlich: Monitoring hilft uns unsere Leistung drastisch zu verbessern. Die Lehrer-Industrie missbraucht diese Rechtfertigung aber, um ihre sozial-darwinistische Unterrichtsführung zu verteidigen und den Zensurendruck aufrecht erhalten. Ich spreche mich zwar für ein konstantes Monitoring aus und bin überzeugt von den positiven Effekten (wie ich es bereits in meinem Artikel zum Schachmonitoring besprochen habe). Mit konstantem Monitoring haben Zensuren aber nur selten etwas zu tun, da Zensuren sehr selten vergeben werden und vor allem nicht den Lernfortschritt verzeichnen, sondern zumeist die Anpassungsleistung des Lernenden. Ein konstantes Monitoring würde den Schüler jeden Tag über seinen Leistungsstand unterrichten und langfristig Lernkurven deutlich machen, die sich vor allem an seiner eigenen Bildung orientieren. Zensuren hingegen geben eher Zeugnis von den unterschiedlichen Leistungsverteilungen in der Klasse, ohne dass diese Zensuren Aussagen über die Lernkurve, noch den Erfolg der Unterrichtsmethode zulassen. Zensuren sind ein externes Kriterium, das vor allem dem Lehrer dient. Lehrer benötigen Zensuren vor allem als externe Motivationsquelle und als Autoritätsmaßstab (was ich nicht in allen Fällen ablehne, aber dennoch für bedenkenswert halte). Leider ist hier nicht der Ort um den Sozialdarwinismus von Zensuren weiter zu besprechen, es sei aber darauf verwiesen, dass Unternehmen keine Bewertung ihrer Mitarbeit in Zensuren vornehmen, dennoch aber Monitorings durchführen.

Ausbildung zum Anpassen: Unsere Bildung (By Paul Louis Martin des Amoignes (1858–1925) (Bonhams)see page for license, via Wikimedia Commons)

Ist Bewertung durch Zensuren wirklich eine gewaltlose Alternative? (By anonymous 19th century painter (http://www.hampel-auctions.com/) Public domain, via Wikimedia Commons)
, via Wikimedia Commons“]Desweiteren behaupte ich, dass Zensuren durch die Korrumpierung der kapitalistischen Nöte längst nicht mehr tatsächliche Leistungen bewerten, sondern gerade in den Fächern, wo sich Hypothesen nicht empirisch beweisen lassen, an die Willkür des Lehrers gebunden sind. Dies hat zum Beispiel gerade in der Philosophie die Folge, dass eine objektive Bewertung subjektiv gefärbt sein muss. Folglich lernt der Lernende nicht die Sache, sondern die Meinung des Lehrers. Zumeist ist dieses dramatisch, da sich Lehrende nur auf Plausibilitätsargumente berufen und selten eine empirische Prüfung selbst als Möglichkeit in Aussicht stellen. Als Konsequenz bewerten wir Anpassungsleistungen, aber nicht den Fortschritt in der Sache, an der wir arbeiten.
Andere Standards zum Monitoring (Alternativen zu Zensuren)
Da wir in vielen Bereichen das Monitoring im Vergleich zu möglichen Lernkurven entwickeln müssen, vor allem um dem Lernenden seine freie Entfaltung zu garantieren, würde sich dieser kapitalistische Druck kontraproduktiv auf die freie Lernentfaltung auswirken. Beim Monitoring kann es daher nicht darum gehen, wie bestimmte vorgefertigte Lerninhalte reproduziert werden, sondern wie eine generelle Entwicklung des Lernenden zu Stande kommt, unabhängig von extern vorgefertigten Leistungsstandards. Diese externen Leistungsstandards sind zumeist die Meinungen des Lehrenden. Der Lernprozess muss intern, in den Lerngruppen erfolgen und die Möglichkeit bieten, in andere Lernfähigkeiten auszuweichen. Das heißt wir müssen Schülern die Möglichkeit bieten sich in unserem Fach zu spezialisieren, so dass sie uns gar im Wissen überholen und viel mehr noch überholen sollen. Irgendwann versagt die Bewertungsskala jedes Lehrers daher. Ich kenne wenige Lehrer, die voraussetzen, dass ihr Schüler sie doch in wenigen Wochen überholt (Im Schach war mir das immer klar und erklärtes Ziel). So sollte auch jedem Dirigenten klar sein, dass das Orchester besser sein sollte als er.
Fähigkeiten fördern
Gleichsam dieser Leistungsgedanke der Fähigkeitendifferenzierung nun einem kapitalistischen Grundzug entspricht, da ja der Markt eine zunehmende Spezialisierung erfordert, ist diese Überlagerung nur zufällig mit dem humanistischen Ideal der Freiheit zu Stande gekommen. Voraussetzung ist die Idee, dass Menschen nicht nicht lernen können und wie Kinder sich in einer trotzigen Eigenwilligkeit die Welt zu eigen machen wollen. Menschen wollen lernen. Vielleicht hat gar der Kapitalismus daher Grundzüge eines Humanismus in sich. Ich zumindest sehe in der Schule eine Institution, die Leistung in den Mittelpunkt stellt. Wenn daher Leistung das Ziel ist, kann Schule kein Kindergarten sein, wo Schüler sich wohlbehütet in der eigenen Phantasie verkapseln. Das Spiel muss auf die Marktvoraussetzungen zugerichtet sein, welche jedoch nicht den bedingungslosen Konsum bedeuten, sondern die Steigerung der Menschlichkeit in den Mittelpunkt stellen. Das heißt: Lernen geschieht im Sozialen.

Wodurch fühlen sich Lehrer wertvoll? Durch die Machtausübung der Bewertung? By Robert Harris (National Gallery of Canada) Public domain, via Wikimedia Commons
Können ist das Ziel vieler unserer Bemühungen. Die Schule aber bewertet nicht das Können an sich, sondern eine Auswahl an Fähigkeiten, die wir beherrschen sollen. Diese werden allerdings schnell irrelevant und scheitern an den schmalen Horizonten der Lehrer, die in der Regel keine Gruppen von 30 Menschen intellektuell dominieren können sollten. Dementsprechend können sich die Kultusministerkonferenzen auch auf keine notwendigen Fächer einigen. Es gibt nur ein geringes Maß an Notwendigkeit, aber ein viel größeres Maß an Kontingenz (Zufälligkeit), das nur im Diskurs zu einem gemacht wird (dies ist die wörtliche Übersetzung von „Universalisieren“).
Ein Monitoring konzentriert sich daher auf andere Umstände, die nicht vorgefertigt sind. Hierbei ist relevant, dass Lernende nicht durch ein Monitoring gezwungen werden müssen, etwas zu tun. Sie kommen an die Universität um etwas zu leisten und vor allem um ihre Fähigkeiten im Rahmen des Sozialen zu entwickeln. Dieser Wille muss anerkannt werden. Und dieser Wille hat folgende Strukturmomente (wenngleich die Analyse nicht erschöpfend ist):
- Wir wollen soziale Anerkennung, die sich in der Regel durch soziale Befähigung einstellt. Die Regeln des Umgangs sind Lernschritte, die wir freiwillig adaptieren. Das soziale Umfeld gibt Zeugnis unserer Leistungen (so hatte ich zum Beispiel in der Schule ohne das Interesse an Zensuren völlig freiwillig Klavierspielen gelernt und dies freiwillig). Ein gefestigtes soziales Umfeld ist daher Grundvoraussetzung für das Lernen der Gruppe.
- Wir sind initaitiv, das heißt wir gehen auf die Welt zu. Wir können nicht im Bett liegen bleiben, sondern wollen auf die Welt zugehen und Sinn erschaffen. Spiel ist der ureigenste Ausdruck davon.
- Wir wollen diese Welt verstehen, um sie dann nach unserem Sinnkriterium, das durch das Soziale fundiert ist, zu verändern. Veränderung bedingt, dass wir die Rätsel entwirren und die Auflösungen und Aha-Momente erarbeiten. Wer mehr Aha-Momente erreicht, erschafft mehr Anerkennung.
Ein Monitoring sollte sich auf diese Strukturmomente beziehen. Zensuren scheinen mir hierfür ungeeignet.
Zusammenfassung

Aus der Schule in die Welt. (By Fritz Beinke (1842-1906) (Dorotheum) Public domain, via Wikimedia Commons)
Norman Schultz

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