Schadet Geld der Kreativität? Wie Belohnungen bei kreativer Arbeit negativ wirken

In diesem Artikel geht es um die Frage, ob uns Belohnung tatsächlich die Aufgaben besser erledigen lässt, offenbar ist dies nicht der Fall, wie neuere Studien zeigen ///

Bisher habe ich die besten Bewertungen während meines Doktorstudiums in den USA bekommen. Das Doktorstudium funktioniert hier etwas anders als in Deutschland. Zunächst gibt es einige Seminare, die wir abschließen müssen, wobei wir nicht unter eine Gesamtbewertung von A- rutschen sollten, da andernfalls unser Stipendium gefährdet ist. Danach kommen die sehr harten Comprehensive Exams und schließlich schreiben wir unsere Doktorarbeit. Dieses Semester empfand ich als außergewöhnlich hart und ich habe vorrangig auf meinem Zimmer gesessen und gearbeitet bzw. prokrastiniert. Obwohl ich eine wohl ganz gute Arbeit geschrieben habe, bin ich deutlich unter meinem Leistungsspektrum geblieben und ich behaupte dies hängt mit der Strafandrohung (Stipendiumsverlust) als auch mit der Belohungsoption (Hier ein A, du braver Student) zusammen. Anders als in der Schule, wo ich gegen diesen hoffnungslosen Unfug rebellieren musste, akzeptiere ich dies hier als die Eintrittsbedingungen zu einer weiteren Karriere. Über dieses System allerdings verliere ich mein wirkliches Interesse an der Philosophie und betrachte alle Arbeit an der Universität nur als notwendiges Übel. Es ist ein Job. (Titelbildnachweis: By FBI Buffalo Field Office (http://buffalo.fbi.gov/images/c3.jpg) [Public domain], via Wikimedia Commons)

Ich spreche mich prinzipiell also gegen Zensuren aus, und bin dafür konsequente Monitoringsysteme zu entwickeln, die den Druck für die Studenten reduzieren und nicht auf Vergleich für ein Wirtschaftssystem basieren. Dennoch bin ich für Wettbewerb allerdings intrinsisch motiviert und eigens nur mit konsistenten Monitoringsystemen, was im Übrigen wesentlich konsistenter arbeitet als die Zensurenvergabe. Von den Nachteilen des Belohnungs- und Bestrafungssystem zeugen nun auch einige Studien verschiedener Universitäten (CMU Pittsburgh, Chicago und Harvard) haben einige Studien in diesem Bereich durchgeführt mit überraschenden Ergebnissen. Die wohl beeindruckenste Studie stammt von Ariely, welche Dan Pink referiert.

Für alle, die des Englischen nicht so mächtig sind, die können ja zuerst die Zusammenfassung weiter unten lesen und dann dem Video womöglich leichter folgen:

Turkmenistan money - this is about USD10

Geld ist offenbar nicht der Schlüssel zum Erfolg By Robert Thomson from Beppu City, Japan Public domain or CC-BY-2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)

Bei den Versuchen, die unter Ariely durchgeführt wurden ging es also um die Frage, wie sich Anreize auf unsere Leistung auswirken. Für eine schlechte Leistung gab es wenig Belohnung, für eine sehr gute Leistung 50 Dollar. Die Aufgaben waren verschieden: physische Aufgaben, Memorizing, Intelligenzaufgaben. Dieses entspricht im Wesentlichen unserem Wirtschaftssystem. Top-Performer sollen top bezahlt werden. Doch ab einem bestimmten Level der Test, war das Geld von geringer Bedeutung. Im Gegenteil eine größere Belohnung erhöhte den Druck und machte die Performance der Probanden schlechter. Die Forscher fanden heraus, dass über dem Level der rudimentären, cognitiven Fähigkeiten das Belohnungssystem nicht mehr wirkte.

Vielleicht waren also die 50 Dollar nicht motivierend genug, so dass der Test prompt in Indien wiederholt wurde. Diesmal gab es die Belohnung: 2-Wochen-Gehalt, 1-Monats-Gehalt, 2-Monatsgehälter. Letztere hatten die schlechteste Performance. Das Experiment wurde immer und immer wieder mit den gleichen Ergebnissen repliziert.

Inflations - Hungarian paper money 1946

Das Papier ist nicht die Kreativität wert aufgrund der es gedruckt wurde By Takkk (Own work) CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)

Die Frage stellt sich daehr: Was motiviert uns?

Geld muss offenbar vom Tisch genommen werden. Dan Pink gibt drei Dinge an, die eher uns motivieren mögen als Geld:

– Selbstständigkeit
– Meisterschaft
– Sinn/Nutzen (Purpose)

Das Ziel muss es demnach sein, nicht Belohnungen anzubieten, sondern zum rechten Zeitpunkut aus dem Weg zu gehen. Nicht der Innovationsbonus, sondern die Möglichkeit sich selbst zu vervollkommen und dies mit Sinn in einer Gemeinschaft zu erreichen, rückt in den Mittelpunkt. Dies entspricht meiner Maxime: Wir alle wollen etwas tun, also brauchen wir die Möglichkeiten dazu.

Freiwilligkeit

In einem weiteren Experiment verweist Dan Pink auf ein empirisches Beispiel. In den 90ern hatte Microsoft allerlei Experten versammelt, um eines der größten interaktiven Lexika zu produzieren. Wenn damals jemand gewettet hätte, dass ein Konkurrenzunternehmen, in dem die Menschen ohne Bezahlung arbeiten würde, nur weil sie dabei einen Nutzen erreichen, diesen Global Player ausboten würde, er hätte einen guten Gewinn gemacht. Wikipedia hat alle etablierten Lexika aus dem Rennen genommen.

Einen weiteren Ted-Talk (was Ted-Talk ist-erkläre ich hier) von Dan Pink, der empfehlenswert ist, gibt es hier:

Das heißt also, wenn es Extrabelohnungen für die Lösung komplexerer Aufgaben gibt, dann ist die Leistung schlechter. In einer weiteren, guten Quelle Dan Pink, dass unsere Berufe sich aber gerade in diese komplexen Aufgabenbereiche verteilen und das immer weniger Routinearbeit ansteht, da diese von Maschinen verrichtet wird. Daher schlussfolgert Dan Pink, dass wir unser Bildungssystem auch hier ändern müssen. Es geht nicht darum Routinen zu erwerben, sondern zu lernen, wie wir lernen. Lehrer sollten sich damit vertraut machen, dass ihr Wissen bei Wikipedia besser nachgelesen werden kann und auch sie nur über Halbwissen verfügen. Ihr Wissen wird, wenn die Schüler mit dem Studium fertig sind, überhohlt sein.

In ähnlicher Weise drückt es auch Fee Badenius in ihrem Lied „Halbwissen“ aus. Das meiste der Schule gehört in eine andere Zeit:

Glenn Gould and Alberto Guerrero

Die Kunst entstand vor der Belohnung. Hier Glenn Gould, der Held intrinsischer Motivation By Fawcett5 at en.wikipedia Public domain

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Zitate aus der Areily-Studie (MIT):

„As long as the task involved only mechanical skill, bonuses worked as they would be expected: the higher the pay, the better the performance. But once the task called for „even rudimentary cognitive skill,“ a larger reward „led to poorer perfomance.“ (D.Ariely, U. Gneezy, G. Lowenstein, & N.Mazar, Federal Reserve Bank of Boston Working Paper No. 05-11, July 2005; NY Times, 20. Nov. 08)

„In eight of the nine tasks we examined across the three experiments, higher incentives led to worse performances.“ (D.Ariely, U. Gneezy, G. Lowenstein, & N.Mazar, Federal Reserve Bank of Boston Working Paper No. 05-11, July 2005; NY Times, 20. Nov. 08)

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